Schein
- Christinalou
- 25. Jan. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Dez. 2022
Vor Trillionen von Schlägen lebte einst ein kleines Herz.
Das kleine Herz war oft ängstlich und fühlte sich alleine.
Die Nähe von anderen kleinen Herzen konnte es kaum ertragen, zu groß war die Angst, dass sie sahen wie es wirklich war.
War es doch nicht rot genug, nicht voll genug, nicht groß genug, nicht warm genug und schlug nicht schnell genug.
So blieb es lieber für sich.
Mit der Zeit wurde es einsamer und einsamer, doch der Gedanke nicht liebenswert zu sein hielt es stets zurück.
Der Schlaf kam meist erst, wenn die letzte Träne getrocknet war.
Wie viele Nächte ging es wohl zu seinen Eltern, sein Schlag so schnell, dass sie es kaum verstanden.
Es zeigte auf seine leeren Kammern und weinte bitterlich.
Die Eltern drückten es fest an sich, sodass sich seine Gefäße mit ihrem warmen Blut füllten.
Doch wie sich die Eltern auch bemühten die Kammern wurden nie zur Gänze voll.
Die Nächte verstrichen und so wie es die Zeit will, wuchs das kleine Herz bis es nicht mehr wachsen musste.
Der Tag kam, da schickten es seine Eltern fort um seine Größe und Wärme mit der Welt zu teilen.
Das nun große Herz war endlich mutig genug sich zu öffnen und schlug im Takt mit vielen anderen Herzen.
Die Tage pulsierten und die Wärme in ihm wuchs.
Doch gab es immer noch Nächte die es zittern ließen.
Dann wurde ihm kalt, so kalt als würde das Mondlicht sein warmes Blut langsam gefrieren lassen.
Im Mondschein kamen die Löcher von damals zum Vorschein, die sich wie tiefe Krater mit Rabenschwärze füllten.
Nun sah das kleine, große Herz fast aus wie der Mond am Himmel.
Es war wieder eine dieser Nächte als sich die Augen des Mondes öffneten und er sanft hinab blickte auf das weinende Herz, das ihm im milchigen Licht so glich.
"Warum weinst du kleiner Mond? Erfüllt dich diese ruhige, kühle Nacht nicht mit Zufriedenheit und Stolz?" sprach der Himmelskörper.
"Ich bin kein Mond! Ich bin ein Herz!" platze es aus ihm heraus.
"Nur bin ich nicht so schön, pulsierend und warm wie die Anderen.
Sag mir, Mond, warum fühle ich mich Nachts so schwer wie Blei, wo wir Herzen doch federleicht vor uns hinschlagen? Und sag, warum bin ich grau und voller Krater, wo mein Antlitz doch das blühende Leben symbolisieren sollte?"
Der Mond lacht und warf seinen kühlen Schein auf das immer schneller schlagende Herz.
"Ob Mond oder Herz.
Du strahlst, selbst wenn du weinst, nur blendet dich dein Leuchten und du bist dafür blind geworden."
So brach der Mond ein Stück seiner selbst ab und reichte es dem Herzen.
"Wo auch immer du sein magst, ich bin stets ein Teil von dir.
So wie du vor Freude schlägst, so trauerst du vor Schwermut.
Du bist nicht Tag und du bist nicht Nacht. Du bist Alles.
Siehst du jetzt wie du selbst die dunkelste Stunde erhellst?"
Von dieser Nacht an waren die Kammern des kleinen, großen Herzens stets gefüllt. Und, wenn die Dunkelheit kam, seine Schläge schneller wurden und drohten sich zu überschlagen, dann begannen seine Gefäße zu leuchten.
Ein kühles, sanftes Leuchten, ein Leuchten als wolle es der Nacht den Weg bereiten.
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